Archäologische Funde bei Ausgrabungen im nordwestlichen Sektor (Nassauer Strasse / Weilstrasse) der Kerngemeinde Weilmünster

Dipl Biol. Peter Ulrich Zanger
7. Juli 2018


Nach der vorangegangenen Publikation dieser Schriftenreihe vom gestrigen 6. Juli über bemerkenswerte Gebäudereste aus undatierter Neuzeit (Mittelalter - 1900) vervollständigt ein neuer Zufallsfund historisch und archäologisch bedeutsamer Keramikreste und Knochen am heutigen 7. Juli 2018 in der näheren Umgebung des Botanischen Gartens des CID Institutes das Bild der unbeschriebenen Vorgeschichte der frühen Besiedlung und Entwicklung Weilmünsters. 

Bei Pflanzgrabungen in wenigen Metern Abstand von dem 1969 bei Tiefbauarbeiten auf dem Grundstück Nassauer Strasse 23 a angegrabenen Mauerrest einer Gebäuderuine mit stark verschlackten Ziegelsteinen wurden etwas mehr als ein dutzend kleine Keramikbruchstücke zu Tage gefördert. Alle Fundstücke befanden sich in der oberen Erdschicht zwischen 0 und 30 Zentimeter Tiefe einer ehemals gärtnerisch oder ackerbaulich bewirtschafteten Fläche. Neben neuzeitlich wirkenden Bruchstücken (weisses Porzellan) und regional typischer, blaugrauer Westerwälder Keramik sind einige der Scherben aber deutlich früheren Epochen zuzuordnen bzw. weisen diese nicht typisch einheimische Dekorationsmuster und Herstellungsformen auf. 

Die Fundstücke sind hier mit Ausnahme des ersten Objektes jeweils in Vorderseiten- und Rückseitan-Ansicht wiedergegeben.

Stark körniges Tonmaterial mit glänzender Glasur



Handbemaltes Keramikbruchstück mit Dekorationsmuster ähnlich präkolumbinischer Keramik



Keramikbruchstücke unterschiedlicher Epochen in Vorder- und Rückseiten-Ansicht 1





Keramikbruchstücke unterschiedlicher Epochen in Vorder- und Rückseiten-Ansicht 2

Neben den Keramiken wurden auch zwei Knochen zu Tage gefördert wobei 1 Fundstück ein horizontal mit exakter Schnittfläche zersägter Wirbelknochen ist während das zweite Fundstück ein aus Knochen hergestelltes, bearbeitetes Bestandteil eines Schmuckstückes zu sein scheint, dessen Ränder wie poliert abgerundet sind und das eine Längsbohrung aufweist, die allerdings das Fundstück nicht vollständig durchfährt. Das Tragen von Knochenschmuckstücken bzw. aus Knochen gefertigte Kettenglieder sind heute insbesondere aus Kleinasien, Asien und Südamerika bekannt, wo solche historischen Kunsthandwerksgegenstände aufbewahrt werden.


 Horizontal zersägter Wirbelknochen








Knöchernes Kettenglied mit Längsbohrung
und rundgeschliffenen Kanten



Die Funde werfen zuerst die Frage auf, wie die sehr diversen Keramikbruchstücke an ihren heutigen Fundort gelangt sind. Das Fehlen grösserer Fundstücke und die Zertrümmerung in relativ gleichmässig kleine Bruchstücke deutet darauf hin, dass die ursprünglichen Gebrauchs- oder Dekorationsgegenstände anderenorts zertrümmert und deren Reste dann systematisch über der heutigen Fundfläche ausgestreut worden sind und dann in der Folgezeit über längere Zeiträume durch anthropogene landwirtschaftliche Aktivität immer tiefer in den Boden eingearbeitet wurden.

Bei der Fundfläche handelt es sich vermutlich nicht um eine ehemalige Beerdigungsstätte, denn solche Friedhöfe sind meist kirchlichen Gemeinden zugeordnet und in den diesbezüglichen Archiven verzeichnet. Für Weilmünster ist aber im betreffenden Sektor kein ehemaliger Friedhof registriert. 

Das rituelle Ausbringen von Keramikbruch auf Äckern und Feldern zur mystischen Beeinflussung der Ernteerträge könnte eine Erklärung für die Existenz der Fundstücke an ihrem Fundort sein. Doch stellte sich hier dann die Frage wann, woher und warum die regional untypischen Elemente auf das Feld gelangten. 

Letztendlich ist aber auch ein Zusammenhang zwischen den Keramikobjektresten und dem verschwundenen Gebäude, welches Eingangs erwähnt wurde, nicht auszuschliessen. Dieses nicht in allzu frühe Vorzeit zu datierende Ereignis muss in zeitlichem Zusammenhang mit dem Bau des Schulhauses Nassauer Strasse 21 (1893/94) und der Einrichtung eines Sägewerkes in dem Steinbruch Nassauer Strasse 25 (ca. 1930) stehen, der zuvor eine Lehmgrube gewesen sein soll. 





NATUR DES WEILTALES - DIE NATUR WEILMÜNSTER / Schriftenreihe BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DER ORTSGESCHICHTE WEILMÜNSTERS











Kommentare

Beliebte Posts