Kartierungs-Ungereimtheiten im nordwestlichen Sektor (Nassauer Strasse / Weilstrasse) der Kerngemeinde Weilmünster auf Topographischen Karten von 1911 und 1996


Kartierungs-Ungereimtheiten im nordwestlichen Sektor (Nassauer Strasse / Weilstrasse) der Kerngemeinde Weilmünster auf Topographischen Karten von 1911 und 1996
Dipl Biol. Peter Ulrich Zanger
6. Juli 2018


Seit seiner Niederlassung in Weilmünster im Juni 2002 beschäftigt sich das CID Institut mit der Frage der historischen Nutzung der Flurstücke auf welchen das CID Institutsgebäude im Jahre 1969 "errichtet" wurde. Alle verfügbaren Daten deuteten bei der Klärung der Gelände-Vorgeschichte auf die Nutzung der Fläche als Obst- und Gemüsegarten des Schulhauses Nassauer Strasse 21 bis 1968 hin. Das Alter dort wachsender Obstbäume betrug mehrere Jahrzehnte. 

Die Frage nach früheren Nutzungen entstand beim Ausschachten der Baugrube des Wohnhaus-Souterrains Nassauer Strasse 23 a und dem Fund von unterirdischen, verschlackten Mauerresten dort. Weder die Gemeindeverwaltung noch seit Generationen Ortsansässige verfügten allerdings über Informationen zur Historie des angegrabenen Gebäuderestes so das die Klärung der Frage übergangen wurde. Auf der Aussenanlage des in der Folge gebauten Wohnhauses und heutigen CID Institutsgebäudes wuchs in den folgenden  49 Jahren der Waldpark des heutigen Botanischen Gartens des CID Institues auf. 

Im Gartenboden unter aufgefülltem und verfestigtem Bauschutt wurden im Mai 2018 verkohlte Backsteinreste des ehemals im Untergrund des Hauses 23 a befindlichen Gemäuers wiedergefunden, so dass die Frage nach der Historie des Geländes erneut akut wurde.



Gemäuer-Bruchstück eines ehemaligen Gebäudes das im Jahre 1969 bei Souterrain-Ausschachtungsarbeiten auf dem Grundstück des CID Institutes in der Nassauer Strasse 23 a in Weilmünster zu Tage gefördert wurde. Der Backstein-Rest weist Verschlackungs-Spuren auf, die auf eine starke Hitzeeinwirkung hindeuten.


Zur Klärung der Frage, welche Bauwerke und Geländenutzungen im Sektor der heutigen Weilmünsterer Nassauer Strasse 25-19 existierten und insbesondere welche Nutzung das Grundstück 23 vor der Anlage des Schulhaus-Obstgartens hatte, dessen Obstbaumbestand schätzungsweise in den Jahren 1940-1950 angepflanzt worden war, wurden zuerst ältere Kartenwerke konsultiert.

Einziges bisher vorliegendes Kartenwerk, das den Sektor detailliert abbildet, ist die GEOLOGISCHE KARTE VON PREUßEN UND BENACHBARTEN BUNDESSTAATEN. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt. Leitung Franz Beyschlag. Weilburg. Geologisch bearbeitet durch J. Ahlburg 1911.

Die Geologische Karte im Maßstab 1:25.000 zeigt für den Bereich Nassauer Strasse 25, also dem dem CID Institut heute nördlich benachbarten Sägewerk, einen Steinbruch ohne Gebäude. Auf den heutigen Fabrik- und Wohnhausgrundstücken Nassauer Strasse 23 (gelb unterlegte Teilfläche) sind 2 Bauwerke eingezeichnet von denen das exakt ehemals an der Stelle des heutigen CID Institutes existierende Gebäude auf dem wiedergegebenen Kartenausschnitt  rot umrandet nachgezeichnet wurde. Bei dem rechts benachbarten Gebäude, welches direkt an die heutige Nassauer Strasse (früher : Hessenstrasse) grenzt, handelt es sich wohlmöglich um das heutige Schulhaus Nassauer Strasse 21.



Ausschnitt der Geologischen Karte von Weilmünster Sektor Weilstrasse / Nassauer Strasse (Hessenstrasse) von 1917(1911). Das erloschene Gebäude an der Stelle, an der sich heute das CID Institut befindet, wurde zur Verdeutlichung rot umrandet nachgezeichnet. 
Foto CID Repro-Grafik


Nassauer Strasse abwärts sind die nächstfolgenden registrierten Gebäude die Gehöfte Haus Nummer 17 und Häuserkomplex Nummer 15-13 sowie das auf der östlichen Strassenseite befindliche Forsthaus.

Verwirrend sind in der Folge die Fortsetzung des Strassenverlaufes der Nassauer Strasse bis zum heutigen Verkehrskreisel am ZOB, ein Strassenverlauf der erst nach 1960 neu angelegt worden sein soll, denn die ehemalige Hessenstrasse folgte zuvor der heutigen Möttauer Strasse und bog dann nach Nordwest in die heutige Nassauer Strasse in Richtung Möttau etwa auf Höhe der Häuser Nummer 13-15. 

Eine weitere Ungereimtheit stellt der weitere Verlauf der Weilstrasse in Richtung Weilburg dar, denn diese scheint am Ortsausgang (unterhalb des eingesetzten Schriftzugsteiles ...münster in der oberen linken Bildkante) in ihrem kartierten Verlauf unterbrochen zu sein. 

Alleine diese beiden Fakten lassen Zweifel an der Authentizität der GK 1917 aufkommen. Vermutlich handelt es sich bei dem hier konsultierten Kartenmaterial um eine Reproduktion die in bestimmten Teilen nachträglich verändert wurde. Die Frage, warum solcher Aufwand hier betrieben wurde, führt vermutlich zu Entschlüsselung der historischen Nutzung und des früheren Schicksales des betrachteten Sektors von Weilmünster. Grund für eine so aufwendige Kartenmanipulation könnte eine verborgene, ehemalige militärische Geländenutzung sein, z.B. die Tarnung einer unterirdischen Bunkeranlage.


Auch die vergleichende Betrachtung der Topographischen Karte 1 : 25.000 Normalausgabe Blatt 5516 Weilmünster des Hessischen Landesvermessungsamtes von 1996 wirft weitere Fragen auf. Auch auf diesem Kartenbaltt sind weitere Ungereimtheiten zu erkennen denn das bereits auf der zwar anzweifelbaren Geologischen Karte von 1917(1911) eingezeichnete Gehöft Nassauer Strasse 13-15 schräg gegenüber dem Forsthaus fehlt hier vollständig (roter Rahmen) obwohl das Bauwerk aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende oder früher stammen muss. Ebenso ist das "Schulhaus" auf dieser sehr viel "neueren" Karte entweder an falscher Position eingetragen oder künstlich mit dem Gebäudekomplex Nassauer Strasse 23 zusammengefügt worden (blauer Rahmen). 


Zum Vergleich der Geologischen Karte von 1917 (1911)  abgebildeter Kartenausschnitt desselben Weilmünsterer Sektors Weilstrasse / Nassauer Strasse (Hessenstrasse) auf der TK 1:25.000 von 1996 mit fehlendem Gehöft Haus Nummer 13-15 (rot) und verschobenem Schulhaus (blau). Foto CID Repro Grafik   


Soviel Mühe beim Topographischen Kartenzeichnen über einen Zeitraum von 100 Jahren ? Was wird da wohl versteckt ? Die Weilmünsterer Ortsgeschichte bedarf nun der dringenden Revision bevor sich die Interpretation des "Vulkanismus" für die Existenz Tuffgestein-ähnelnder Ziegelsteine verschwundener Bauwerke breit macht und durchsetzt. 



Vulkanischer Ziegel-Tuff ? Verschlackte Backsteine des Bauwerkes das im Untergrund des CID Institutes und seines Botanischen Gartens angegraben wurde.




NATUR DES WEILTALES - DIE NATUR WEILMÜNSTER / Schriftenreihe BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DER ORTSGESCHICHTE WEILMÜNSTERS









   

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